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Kan|ni|ba|lịs|mus 〈m.; -; unz.〉
1. Sy 〈volkstüml.〉 Menschenfresserei, Anthropophagie
1.1 Verzehr von Menschenfleisch
1.2 〈bei traditionellen Völkern〉 Brauch, Teile des getöteten Feindes zu verzehren, um sich dessen Kräfte zu eigen zu machen
2. 〈Zool.〉 Neigung zum Fressen von Artgenossen
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Kan|ni|ba|lịs|mus, der; -:
1. Verzehr von Menschenfleisch [als kultischer Brauch bei bestimmten Naturvölkern]:
in dieser Gegend gibt es noch K.
2. (Zool.) das Auffressen von Artgenossen.
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Kannibalịsmus
der, -,
1) Anthropophagie, der Verzehr von Menschenfleisch durch Menschen. Kannibalismus zu Nahrungszwecken (profaner Kannibalismus) ist nur von wenigen Reisenden und Forschern beschrieben worden (so aus dem Caucatal, Südamerika); für Notsituationen (Überlebenskannibalismus) ist er für eine Reihe von Fällen belegt. Der rituelle Kannibalismus ist bis in die Gegenwart (Westneuguinea) vorgekommen und oft geschildert worden, in Südamerika, Afrika und Ozeanien. Dabei handelt es sich in der Regel um einen Bestattungsritus: das zeremonielle Trinken der speziell zubereiteten Knochenasche verstorbener Verwandter oder den Verzehr des Leichnams eines Angehörigen (Endokannibalismus) oder eines Fremden (Exokannibalismus). Als Sonderfall ist der symbolische Kannibalismus anzusehen, der kannibalischen Praktiken lediglich vorgibt (Biss in das Herz eines Geopferten, Altmexiko) oder andeutet (z. B. Verzehren von Kopfhautstückchen lebender Menschen). Ob es darüber hinaus auch Menschenjagden gab, mit dem Zweck, sich Fertigkeiten und Eigenschaften des Getöteten einzuverleiben, muss nach neuerer Erkenntnis bezweifelt werden, da die aufgezeichneten Fälle auf Hörensagen oder auf Selbstbezichtigungen, die unter zweifelhaften Umständen zustande kamen, beruhen.
Die Ausformung klischeehafter Kannibalismusvorstellungen vollzog sich bereits im antiken Europa, spitzte sich im Mittelalter auf das an der Peripherie der Ökumene angesiedelte Fremde zu, oft im Zusammenhang mit den Mythen von Hexen, Zauberern, Werwölfen, und wurde im Zeitalter der Entdeckungen, angeregt durch die fantasievollen Schilderungen der frühen Reisenden, auf andere Kontinente übertragen, oft, um mit der entsprechenden Anklage die Stigmatisierung eines bestimmten Volkes betreiben und dessen Bekämpfung (Ausrottung) legitimieren zu können.
E. Volhard: K. (1939);
Berliner Festspiele. Mythen der Neuen Welt. Zur Entdeckungsgesch. Lateinamerikas, hg. v. K.-H. Kohl (1982);
E. Frank: »... y se lo comen«. Krit. Studie der Schriftquellen zum K. der panosprachigen Indianer Ost-Perus u. Brasiliens (1987).
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Kan|ni|ba|lịs|mus, der; -: 1. Verzehr von Menschenfleisch [als kultischer Brauch bei bestimmten Naturvölkern]: in dieser Gegend gibt es noch K.; als er (= der Monarch) sogar einen des K. Überführten zu lebenslänglicher Kerkerstrafe begnadigt hatte (Mostar, Unschuldig 86); Unter den zahlreichen aus Vietnam flüchtenden Menschen ist es ... in verschiedenen Fällen zu K. gekommen (MM 13. 12. 78, 16). 2. (Zool.) das Auffressen von Artgenossen: Der ... Wurm Ottoia ... lauerte im Schlamm auf Beute. Mit seinem ausstülpbaren Saugrüssel fraß er sogar Artgenossen - der älteste Beleg für K. (natur 4, 1994, 61); Ü Psychologischer K. - eine vertrackte Mischung von liebevoller Fürsorge und rigoroser Bemächtigung bricht sich massenhaft Bahn (Zwerenz, Kopf 173); Abigail McCarthy ... sieht in den Angriffen auf Prominente ... so etwas wie „sozialen K.“ (Spiegel 15, 1981, 141); Schändliches Schauspiel ... des K.: Bombenattentat in Mailand (Spiegel 22, 1976, 120).
Universal-Lexikon. 2012.