Reichsritterschaft,
im Heiligen Römischen Reich der hauptsächlich aus der Reichs- und Stiftsministerialität hervorgegangene reichsunmittelbare niedere Adel in Süd- und Westdeutschland, der nicht zur vollen Landeshoheit und Reichsstandschaft gelangte. Die Reichsritterschaft war seit 1422 (Privileg König Siegmunds) bündisch organisiert und wurde im Ewigen Landfrieden 1495 reichsrechtlich anerkannt. Sie blieb 1500/12 außerhalb der Einteilung in Reichskreise und zeigte auch sonst starkes Unabhängigkeitsstreben, das jedoch im 16. Jahrhundert am Landesfürstentum scheiterte, nicht zuletzt, weil sich Mitglieder der Reichsritterschaft (z. B. F. Geyer) aufseiten der Bauern am Bauernkrieg 1524-26 beteiligten. Seitdem bildete sich ein engeres Verhältnis zum Kaiser. 1532 leistete die Reichsritterschaft erstmals freiwillig Türkenhilfe. Weder der Adelsaufstand unter F. von Sickingen (u. a. Landauer Bund, 1522) noch die Reformation brachten einen Zerfall des adligen Personalverbands, der sich zwischen 1540 und 1570 gegen den Widerstand der Landesfürsten aus den Landständen und Landtagen löste. Im Augsburger Religionsfrieden (1555) wurde die Reichsritterschaft den reichsunmittelbaren Ständen gleichgestellt und 1559 ihre Territorialstaatlichkeit vom Kaiser formal bestätigt. - 1577 vereinigten sich die Ritterschaften zu einer Körperschaft, die in die Ritterkreise Schwaben, Franken und am Rhein mit 14 Kantonen (Orten) gegliedert war. Die Ritterschaft im Oberelsass wurde unter der habsburgischen Landgrafschaft landständisch, dagegen blieb sie im Unterelsass reichsunmittelbar. Sie wurde erst durch die Französische Revolution aufgelöst.
Den Kantonen stand ein Ritterhauptmann (später Ritterschaftsdirektor) mit mehreren Ritterräten vor. Als Körperschaft besaß die Reichsritterschaft eigenes Besteuerungs- und Satzungsrecht; sie übte beschränkte landesherrliche Gewalt aus und besaß den bevorrechteten Gerichtsstand der Reichsunmittelbaren. Sie war reichs- und kreissteuerfrei, zahlte aber anstelle der Kriegsdienste Beisteuern (lateinisch subsidia caritativa). - Gegen Ende des Heiligen Römischen Reichs umfasste die Reichsritterschaft ein Gebiet von zusammen etwa 5 000 km2 mit 200 000 Einwohner. Die Rheinbundakte von 1806 mediatisierte die Reichsritterschaft zugunsten der sie umschließenden Staaten, nachdem diese schon 1805 die Gebiete der Reichsritterschaft besetzt hatten.
Universal-Lexikon. 2012.