L'Hospital
[lɔpi'tal],
1) Guillaume François Antoine Marquis de, französischer Mathematiker, * Paris 1661, ✝ ebenda 2. 2. 1704; musste aufgrund einer Sehschwäche auf die standesgemäße Offizierslaufbahn verzichten; wandte sich der Mathematik zu, in der er Privatunterricht durch Johann Bernoulli erhielt. Dessen Vorlesungen verarbeitete L'H. in seinem Lehrbuch der Differenzialrechnung (1696), das bis zum Erscheinen von L. Eulers »Introductio in analysin infinitorum« (1748) das Standardwerk zur Analysis blieb.
Werk: Analyse des infiniment petits, pour l'intelligence des lignes courbes (1696).
2) L'Hôpital [lopi'tal], Michel de, französischer Staatsmann, * Aigueperse (bei Vichy) 1505/06, ✝ Schloss Belesbat (bei Paris) 13. 3. 1573. Nach erfolgreicher Ämterlaufbahn (1554 Präsident der Oberrechenkammer) wurde der theologisch und literarisch hochgebildete Jurist 1560 von der Regentin Katharina von Medici zum Kanzler Karls IX. berufen. Im Geist eines christlichen Humanismus nach dem Vorbild des Erasmus suchte er zwischen den religiösen Parteigegensätzen zu vermitteln und entwarf das Toleranzedikt von Saint-Germain (1562), das den Hugenotten beschränkte Kultfreiheit gewährte. Mit den »Ordonnanzen von Moulins« (1566) hat L'H. eine grundlegende Reform des französischen Gerichtswesens eingeleitet. Nach dem Scheitern der Politik des konfessionellen Ausgleichs zog sich L'H. 1568 von den Geschäften zurück und legte 1573 auch das Kanzleramt nieder. Als Mäzen war er eine der einflussreichsten Gestalten des 16. Jahrhunderts.
V. Roeser: Politik u. religiöse Toleranz vor dem ersten Hugenottenkrieg in Frankreich (Basel 1985).
Universal-Lexikon. 2012.