Hạrnack,
Adolf von (seit 1914), evangelischer Theologe, * Dorpat 7. 5. 1851, ✝ Heidelberg 10. 6. 1930; 1876 Professor in Leipzig, 1879 in Gießen, 1886 in Marburg, 1888 in Berlin; Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften, in deren Rahmen er die Kirchenväterkommission und die Edition der »Griechischen christlichen Schriftsteller der ersten drei Jahrhunderte« begründete. Seine zum 200-jährigen Jubiläum der Akademie verfasste »Geschichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften« (1900, 3 Bände) brachte ihn mit zahlreichen Kollegen anderer Fakultäten, mit dem kaiserlichen Hof und dem Kaiser selbst in Kontakt. Von 1905 bis 1921 war er nebenamtlicher Generaldirektor der Königlichen Bibliothek, der späteren Preußischen Staatsbibliothek; von 1911 bis zu seinem Tod Präsident der »Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften«, die mit auf seine Initiative gegründet worden war. - Harnack war vom Beginn seines Wirkens an bemüht, die Einheit von Christentum und Bildung und das »Evangelium als die alleinige Grundlage aller sittlichen Kultur« zu erweisen. Immer offen gegenüber den Fragen seiner Gegenwart, hat er sich dem bürgerlichen Liberalismus des 19. Jahrhunderts gegenüber betont kritisch verhalten und sich der sozialen Problematik der Zeit gestellt (Mitgründer des Evangelisch-sozialen Kongresses). - Als Kirchenhistoriker hat er in zahlreichen Schriften v. a. der Patristik entscheidende Impulse gegeben, u. a. durch seine »Geschichte der altchristlichen Literatur« (1893-1904, 3 Bände), »Die Mission und Ausbreitung des Christentums in den ersten drei Jahrhunderten« (1902), »Marcion« (1921, Nachdruck 1960) und durch seine Quelleneditionen. Zusammen mit E. Schürer begründete er die Theologische Literaturzeitung. Mit seinen Vorträgen, u. a. über »Das Wesen des Christentums« (1900, 151950 mit Geleitwort von R. Bultmann; jüngste Ausgabe 1999, herausgegeben und kommentiert von Trutz Rendtorff [* 1931]), sprach er eine weitere Öffentlichkeit an und löste zum Teil erbitterte Auseinandersetzungen aus. Sein wichtigstes Werk, das »Lehrbuch der Dogmengeschichte« (1886-90, 3 Bände, Nachdruck 1964), in dem er Entstehung und Entwicklung der christlichen Lehre beschreibt und das Dogma und die altchristliche Theologie als Verkirchlichung der radikalen Hellenisierung des Evangeliums durch die Gnosis herausarbeitet, ist wissenschaftlich bis heute nicht überholt.
Weitere Werke: Grundriß der Dogmengeschichte (1889, 61922); Militia Christi (1905, Nachdruck 1963); Die Entstehung der christlichen Theologie und des kirchlichen Dogmas (1927, Nachdruck 1967); Reden und Aufsätze, 7 Bände (1904-30).
Ausgabe: A. von Harnack als Zeitgenosse. Reden und Schriften aus den Jahren des Kaiserreichs und der Weimarer Republik, herausgegeben von K. Nowak, 2 Teile (1996).
A. von Zahn-Harnack: A. v. H. (21951);
K. Blaser: Gesch. - Kirchengesch. - Dogmengesch. in A. v. H.s Denken (Diss. Mainz 1964);
K. H. Neufeld: A. v. H. Theologie als Suche nach der Kirche (1977);
Universal-Lexikon. 2012.