Hängerolle,
Bildträger in vertikaler Rollenform, wichtigste Bildform in der chinesischen, koreanischen und japanischen Kunst. Die Hängerolle geht auf eine Art des Kultbildes in Form eines mit Malereien versehenen vertikalen Stoffbanners zurück, das wahrscheinlich schon im 3. Jahrhundert n. Chr. im Buddhismus Verwendung fand (Rollen mit buddhistischen Kultbildern und Stifterfiguren aus Tunhuang). Möglicherweise ist das unabhängig vom buddhistischen Einfluss entstandene Totenbanner eine Vorform der Hängerolle. Gegen Mitte der Tangzeit (etwa 8. Jahrhundert) löste sich die profane Malerei von ihrer Bindung an die Architektur, und es entstanden Hängerollen mit Darstellungen von Pflanzen- und Tiermotiven sowie Genreszenen (die frühesten erhaltenen Beispiele aus der 1. Hälfte 10. Jahrhundert). In der Songzeit (960-1279) setzte sich die Hängerolle als gleichberechtigte Bildform neben der Querrolle durch. Die frühen monumentalen, vertikal komponierten Landschaftsbilder der Maler Fan Kuan und Guo Xi sind bereits zum großen Teil für das Format der Hängerolle konzipiert. Seither wurden Malereien aller Bildgattungen, aber auch Werke der Kalligraphie v. a. als Hängerolle montiert. Unter Sammlern und Kennern entwickelte sich eine Ästhetik der Bildmontierung, die ein großes Gewicht auf das ästhetische Zusammenspiel des Bildwerks und seiner Rahmung aus kostbaren Seiden und Brokatstoffen sowie auch des Rollstocks und seiner Zierknäufe legte. In enger Verbindung mit der Literatenmalerei und aufgrund der sozialen Stellung des zur gebildeten Elite gehörenden Künstlers hatte die Hängerolle einen hohen ideellen Wert. Sie wurde nur zu besonderen Anlässen ihrem Aufbewahrungskasten entnommen und entrollt. Die Hängerolle fand auch in den Ländern Ostasiens, die mit China in geistigem und kulturellem Austausch standen, Verbreitung.
In der japanischen Kunst wird die Hängerolle als Kakemono oder Kakejiku bezeichnet. Sie ist speziell für die Bildnische (Tokonoma) des japanischen Hauses konzipiert und wird je nach Jahreszeit, Stimmung oder Anlass ausgewechselt. Die bei der Teezeremonie verwendete Hängerolle nennt man Chagake. Die Hängerolle mit Gedichtaufschrift und bildliche Darstellung (Shigajiku) ist seit etwa 1400 besonders beliebt mit dem Motiv der strohgedeckten Schreibklause des Zen-Anhängers in tiefer Bergeinsamkeit (Shosaijiku). Bekannte Hängerollen von Minchō, Shūbun, Sesshū u. a. sind zum Teil nachträglich von bedeutenden Persönlichkeiten mit Gedichten versehen worden.
Universal-Lexikon. 2012.