Grundbedürfnisstrategie,
Grundbedürfniskonzept, englisch Basic-Needs-Concept ['beɪsɪk 'niːdz 'kɔnsept], Entwicklungsstrategie, die auf die Befriedigung der menschlichen Grundbedürfnisse ausgerichtet ist. Sie spielt eine zentrale Rolle bei der Bekämpfung der absoluten Armut in Entwicklungsländern. Zuerst vom Internationalen Arbeitsamt als Strategie entwickelt (1976), wurde sie von anderen internationalen Organisationen übernommen und ist seit 1978 auch Grundlage für die Projektpolitik der BRD.
Mit der Grundbedürfnisstrategie soll die Selbsthilfefähigkeit der armen Bevölkerung gefördert werden. Kernpunkte hierbei sind die Beurteilung der Maßnahmen hinsichtlich ihres Beitrags zur Erfüllung von Grundbedürfnissen (Bedürfnisorientierung), die Abgrenzung bestimmter Gruppen der armen Bevölkerung und die Ausrichtung der Maßnahmen nach deren Bedürfnissen (Zielgruppenorientierung), die Deckung der Grundbedürfnisse weitgehend durch Eigenleistung (Produktionsorientierung), die gemeinsame Erarbeitung und Vorbereitung der Projekte mit den betroffenen Bevölkerungskreisen (Partizipation) und die direkte Weitergabe der Mittel im Sinne einer selbstbestimmten Entwicklung (Selfreliance).
Die Grundbedürfnisstrategie hat in dem Maße an Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung gewonnen, wie sich andere Strategien der Entwicklungspolitik und andere Praktiken bei der Vergabe öffentlicher Entwicklungshilfe als unzureichend erwiesen und sich wirtschaftliche und soziale Probleme vieler Entwicklungsländer verschärften (Armut, Hunger). Im Zusammenhang mit entwicklungspolitischen Theorien kann die Grundbedürfnisstrategie zum einen im Sinne der Dependencia-Theorien als Bestandteil einer autozentrierten Entwicklung angesehen werden, zum anderen aber auch im Sinne der Entwicklungshilfe der Industrieländer als sozialpolitisches Konzept zur Bekämpfung der Armut.
J. Jungfer: G. oder Ordnungspolitik als Wege zur Überwindung wirtschaftl. Unterentwicklung (Bern u. a. 1991);
F. Nuscheler: Lern- u. Arbeitsbuch Entwicklungspolitik (Neuausg. 1996).
Universal-Lexikon. 2012.