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Formgeschichte
Formgeschichte,
 
formgeschichtliche Methode, seit der Programmschrift »Die Formgeschichte des Evangeliums« von M. Dibelius (1919) Bezeichnung für eine exegetische Methode zur Erforschung der biblischen Texte, die deren vorliterarischen (mündlichen) Überlieferungsprozess einbezieht und die Umstände zu rekonstruieren versucht, die für ihre Entstehung maßgeblich waren. Begründet wurde die Formgeschichte v. a. von H. Gunkel. Er erkannte den Zusammenhang von Form und Funktion einzelner rethorischer und erzählerischer Einheiten, z. B. pointierte Einzelwörter (»Apophthegmata«) und knappe Episoden (»Paradigmata«), in der sozialen Situation der Gemeinschaft, in der sie entstanden sind (»Sitz im Leben«). Leitend war dabei die Vorstellung, dass die ursprünglichen »kleinen Einheiten« auf einer mündlichen Traditionsstufe zum Gebrauch in kleineren, literarisch ungebildeten Gemeinden überliefert wurden. Darum fragt die Formgeschichte zunächst nicht nach dem partikularen historischen Ursprung, sondern dem »bei der Formung maßgeblicher Interesse« (M. Dibelius) der traditionsbildenden Gruppe. Grundsätzlich steht mit der formgeschichtlichen Methode ein historisches Instrumentarium zur Verfügung, das auf jede Schrift oder Teile von ihr angewendet werden und über deren soziokulturelle Bedingtheit Aufschluss geben kann.
 
Literatur:
 
E. Güttgemanns: Offene Fragen zur F. des Evangeliums (1970);
 G. Theissen: Urchristl. Wundergeschichten. Ein Beitr. zur formgeschichtl. Erforschung der synopt. Evangelien (51987);
 K. Koch: Was ist F.? Methoden der Bibelexegese (51989);
 
Studien u. Texte zur F., Beitrr. v. K. Berger u. a. (1992).

Universal-Lexikon. 2012.