Vẹk|tor|raum, der (Math.):
Menge mit einer Addition u. Vervielfachung, für die bestimmte Rechengesetze gelten, u. Vektoren als Elemente.
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Vẹktor|raum
[v-], linearer Raum, ein Tripel (V, +, ·) über einem Körper K, bestehend aus einer Menge V, einer Addition +: V ☓ V → V, (u, v) → u + v, sodass (V, +) eine abelsche Gruppe ist, und einer Skalarmultiplikation K ☓ V → V, (a, v) → av, für die folgende Regeln gelten: 1) a (u + v) = au + av, 2) (a + b) u = au + bu, 3) (ab) u = a (bu), 4) 1 · u = u (1 ist das Einselement aus K ) für alle u, v ∈ V und a, b ∈ K.
Soll hervorgehoben werden, dass einem Vektorraum V der Körper K zugrunde liegt, oder ist K der Körper ℝ oder C der reellen oder komplexen Zahlen, so wird V als K-Vektorraum beziehungsweise als reeller oder komplexer Vektorraum bezeichnet. Eine Menge V von Abbildungen in einen Körper K ist bereits dann ein Vektorraum über K, wenn die durch K induzierte punktweise definierte Addition und Skalarmultiplikation mit Elementen aus K nicht aus V herausführt. Beispielsweise bildet für jede natürliche Zahl n die Menge Kn aller n-Tupel bezüglich (x1,.. ., xn) + (y1,.. ., yn):(x1 + y1,.. ., xn + yn) und a (x1,.. ., xn):(ax1,.. ., axn) einen Vektorraum über K, und für K = ℝ oder C bilden die Menge (s) aller Folgen, die Menge l∞ aller beschränkten Folgen, die Menge (c) aller konvergenten Folgen, die Menge (c0) aller Nullfolgen, die Menge C [a, b] aller stetigen und C(n) [a, b] aller n-mal stetig differenzierbaren Funktionen auf [a, b] ⊂ ℝ einen reellen beziehungsweise komplexen Vektorraum. Eine nichtleere Teilmenge W eines K-Vektorraums V, die abgeschlossen ist gegenüber der induzierten Addition und Skalarmultiplikation, d. h. für alle u, v ∈ W und a ∈ K ist u + v ∈ W und au ∈ W, bildet einen als Untervektorraum von V bezeichneten Vektorraum über K. So ist (c0) ein Untervektorraum von (c), (c) ein Untervektorraum von l∞, l∞ ein Untervektorraum von (s) sowie C(n) [a, b] ein Untervektorraum von C [a, b]. Ist S eine Menge von Vektoren eines Vektorraums V über K, so heißt jede endliche Summe
wobei n ∈ ℕ, ai ∈ K, si ∈ S, eine Linearkombination von Elementen aus S, und der kleinste Untervektorraum von V, der S enthält, heißt lineare Hülle von S und besteht aus allen Linearkombinationen von Elementen aus S. Der Durchschnitt beliebig vieler Untervektorräume von V ist wieder ein Untervektorraum von V, dagegen ist die Vereinigungsmenge U ∪ W zweier Untervektorräume U und W von V im Allgemeinen kein Untervektorraum von V; ihre lineare Hülle heißt Summe der Untervektorräume U und W und wird mit U + W bezeichnet. Eine Teilmenge S von V heißt Erzeugendensystem von V, falls V die lineare Hülle von S ist. Eine endliche Teilmenge {x1,.. ., xn} von V heißt linear unabhängig, falls aus
stets ai = 0 für alle i ∈ {1,.. ., n} folgt, und eine unendliche Teilmenge von V heißt linear unabhängig, falls jede ihrer endlichen Teilmengen linear unabhängig ist. Teilmengen von V, die nicht linear unabhängig sind, heißen linear abhängig und gestatten eine nicht triviale Darstellung
des Nullvektors, d. h. ai ≠ 0 für ein i ∈ {1,.. ., n}. Ein Erzeugendensystem S von V ist linear unabhängig genau dann, wenn es ein minimales Erzeugendensystem von V ist, d. h., S erzeugt V, aber keine echte Teilmenge von S besitzt diese Eigenschaft. Ein minimales Erzeugendensystem {xi / i ∈ I } von V heißt Basis von V und erzeugt jeden Vektor v ∈ V auf genau eine Weise, d. h., es existieren eine eindeutig bestimmte endliche Teilmenge J von I und für alle i ∈ J eindeutig bestimmte von null verschieden ai ∈K, sodass
mit ai = 0 für alle i ∈ I J. Da zu jeder linear unabhängigen Teilmenge M von V eine M umfassende Basis von V existiert und jede einelementige Teilmenge {v} von V mit v ≠ 0 linear unabhängig ist, besitzt jeder vom Nullvektorraum {0} verschiedener Vektorraum eine Basis. Ist V endlich erzeugt, so besitzen alle Basen von V dieselbe Länge n, und n bezeichnet die Dimension von V, abgekürzt dim V = n. Andernfalls erhält V die Dimension unendlich: dim V = ∞, und in diesem Fall besitzen je zwei Basen von V dieselbe Kardinalzahl beziehungsweise Mächtigkeit. Offensichtlich ist dim Kn = n und dim (s) = ∞, denn {e1 = (1, 0,.. ., 0),.. ., en = (0,.. ., 0, 1)} ist eine Basis des Kn, die auch kanonische Basis heißt, und die unendlich abzählbare Menge aller Folgen, die genau eine natürliche Zahl auf 1 und alle anderen auf 0 abbilden, ist linear unabhängig in (s). Eine Abbildung f : V → W zwischen K-Vektorraum heißt linear oder Vektorraumhomomorphismus, falls f (av + bw) = af (v) + bf (w) für alle v ∈ V, w ∈ W, a, b ∈ K. Ist f injektiv, surjektiv oder bijektiv, so heißt f auch Monomorphismus, Epimorphismus beziehungsweise Isomorphismus, und ist V = W, so wird f als Endomorphismus und im Falle der Bijektivität als Automorphismus auf V bezeichnet. Eine lineare Abbildung f : V → W ist genau dann injektiv, wenn ihr Kern {v ∈ V / f (v) = 0} der Nullvektorraum {0} ist, und ist dim V = dim W ∞, so sind die Eigenschaften injektiv, surjektiv und bijektiv zueinander äquivalent. Bezüglich der punktweisen Addition und Skalarmultiplikation ist die Menge aller linearen Abbildungen von V in W wieder ein Vektorraum. Ist {vi / i ∈ I } eine Basis des K-Vektorraums V, KI der Vektorraum aller Abbildungen (ai) von I in K mit ai = 0 bis auf endlich viele i ∈ I, so ist
ein Isomorphismus und die eindeutig bestimmte lineare Abbildung mit der Eigenschaft f [(ei)] = vi, wobei ei (i ) = 1 und ei (j ) = 0 falls j ≠ i. Ist V = Kn, {e1,.. ., en} die kanonische Basis und {v1,.. ., vn} eine andere Basis des Kn mit
so wird f durch eine n ☓ n-Matrix A dargestellt, in deren k-ter Spalte der Vektor vk steht, d. h., es ist f (w) = Aw für alle w ∈ Kn. Allgemein ist für je zwei K-Vektorräume V und W der Dimension n beziehungsweise m der Vektorraum aller linearen Abbildungen von V in W isomorph zum Vektorraum der m ☓ n-Matrizen. Eine lineare Abbildung von einem K-Vektorraum V in den Körper K heißt Linearform auf V, der Vektorraum V * aller Linearformen auf V heißt Dualraum von V und der Dualraum V ** von V * heißt Bidualraum von V. Ist {v1,.. ., vn} eine Basis von V, so bilden die n Linearformen ei : V → K mit ei (vi) = 1, ei (vj) = 0 falls j ≠ i, eine Basis von V *, die n Linearformen vi* : V * → K, f → f (vi) bilden eine Basis von V **, und V, V * und V ** sind zueinander isomorph. Von grundlegender Bedeutung für die Funktionalanalysis und anwendungsorientierte Disziplinen sind die topologischen Vektorräume, auf denen eine topologische Struktur existiert, bezüglich der Addition und Skalarmultiplikation stetig sind. So existiert nur dann eine Norm auf einem Vektorraum V, also eine Abbildung || ||: V → K, v → ||v||, die, anschaulich formuliert, den Vektoren eine Länge zuordnet, wenn V ein hausdorffscher topologischer Vektorraum ist und eine beschränkte konvexe 0-Umgebung N besitzt, d. h., mit u und v liegt auch deren Verbindungsstrecke in N, und zu jeder 0-Umgebung M in V existiert ein λ ∈ K mit N ⊂ λ M. Ein Vektorraum, auf dem eine Norm existiert, heißt normierter Raum, und ein vollständiger normierter Raum ist ein Banach-Raum. Noch höher strukturiert im Vergleich zu einem normierten Raum ist ein reeller oder komplexer Vektorraum V, auf dem ein Skalarprodukt existiert, d. h. eine Abbildung , > : V ☓ V → K, (u, v) → strong>u, v > mit den Eigenschaften
gibt den Winkel zwischen zwei vom Nullvektor verschiedenen Vektoren u und v beziehungsweise die Richtung von u in Bezug auf v an. Ein Vektorraum auf dem ein Skalarprodukt existiert, heißt Skalarproduktraum oder Prä-Hilbert-Raum, im endlichdimensionalen reellen oder komplexen Fall auch euklidischer beziehungsweise unitärer Vektorraum, und ein vollständiger Prä-Hilbert-Raum ist ein Hilbert-Raum. Nur die Vektoren eines Skalarproduktraumes besitzen eine Länge und Richtung. Ein sehr anschaulicher euklidischer Vektorraum ist der ℝ3 mit dem Skalarprodukt
In der Physik spielen unendlichdimensionale Hilbert-Räume eine bedeutende Rolle.
J. K. Knowles: Linear vector spaces and cartesian tensors (Oxford 1998).
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Vẹk|tor|raum, der (Math.): Menge mit einer Addition u. Vervielfachung, für die bestimmte Rechengesetze gelten, u. Vektoren als Elemente.
Universal-Lexikon. 2012.