Theo|di|zee 〈f. 19〉 Rechtfertigung Gottes, Versuch, den Glauben an die Gerechtigkeit, Güte u. Weisheit Gottes mit dem Bösen in der Welt in Einklang zu bringen [<grch. theos „Gott“ + dikazein „Recht sprechen, richten, entscheiden“]
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Theodizee
[französisch théodicée, zu griechisch theós »Gott« und díkē »Gerechtigkeit«] die, -/...'ze |en, im engeren Sinn der Versuch einer Rechtfertigung Gottes angesichts des von ihm trotz seiner Allmacht und Güte zugelassenen physischen Übels, moralischen Bösen und des Leidens in der Welt; im weiteren Sinn Bezeichnung für die Gesamtheit der Probleme der philosophischen Gotteserkenntnis. Die großen Weltreligionen haben im Wesentlichen drei Antworttypen auf die Frage der Theodizee entwickelt: 1) Der Monismus (z. B. der vedischen Schriften) lehrt, dass die Welt in ihrer empirischer Erscheinungsvielfalt und mit dieser das Übel lediglich Maya (»Illusion«) sei. 2) Der Dualismus (z. B. des Parsismus) hat die Vorstellung zweier opponierender Gottheiten, einer guten und einer bösen, wobei Letztere für alles Übel (das Zeichen ihres zeitweiligen Erfolges ist) verantwortlich ist. 3) Der Monotheismus (z. B. des Christentums und des Judentums) verbindet mit seinem metaphysischen Monismus eine Form von ethischem »Dualismus«, der das Übel als Folge (und Strafe) des Missbrauchs der dem Menschen von Gott gegebenen Freiheit beziehungsweise der Verletzung der Gott gegenüber gebotenen Gehorsams- und Treuepflicht charakterisiert.
G. W. Leibniz, der den Begriff Theodizee (1697) geprägt hat, unternahm einen umfassenden Versuch, das Problem theoretisch zu lösen, wobei er zwischen einem metaphysischen Übel als Unvollkommenheit aller endlichen Wesen hinsichtlich ihres Seinsgehaltes, dem physischen Übel als Leiden und dem moralischen Übel als Sünde unterschied. Leibniz ging, wie vor ihm bereits Augustinus, von den zwei Grundannahmen aus, dass einerseits das Böse nicht als solches existiert, sondern einen bloßen Mangel an Gutem (eine Art Schöpfungsdefekt) darstellt, und dass andererseits etwas nur dann als böse erscheint, wenn es isoliert, d. h. nicht im Kontext der gesamten Schöpfung betrachtet wird. Das Böse ist von Gott zugelassen, damit auch aus ihm Gutes komme; die Unvollkommenheit eines Teils dient der größeren Vollkommenheit des Ganzen. Schließlich handele es sich um »die beste aller möglichen Welten«, da es in jeder anderen noch mehr Übel gäbe. Für G. W. F. Hegel, der den Gedanken aufgriff, stellt der Gang der Weltgeschichte die »wahrhafte Theodizee, die Rechtfertigung Gottes in der Geschichte« dar. I. Kant zufolge gibt jedoch allein der gute Wille des Menschen, der Gottes Gerechtigkeit und Güte gegen die Erfahrung der Realität des Übels in der Welt postuliert, handelnd die einzig mögliche Antwort auf die Theodizee.
F. Billicsich: Das Problem des Übels in der Philosophie des Abendlandes, 3 Bde. (Wien 1-21952-59);
G. W. Leibniz: Die T. von der Güte Gottes, der Freiheit des Menschen u. dem Ursprung des Übels, 2 Bde. (Neuausg. 1986, dt. u. frz.);
G. Streminger: Gottes Güte u. die Übel der Welt. Das T.-Problem (1992);
A. Kreiner: Gott im Leid. Zur Stichhaltigkeit der T.-Argumente (1997).
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The|o|di|zee, die; -, ...een [frz. théodicée (Leibniz 1710), zu griech. theós = Gott u. díkē = Gerechtigkeit] (Philos.): Rechtfertigung Gottes hinsichtlich des von ihm in der Welt zugelassenen Übels u. Bösen, das mit dem Glauben an seine Allmacht, Weisheit u. Güte in Einklang zu bringen gesucht wird.
Universal-Lexikon. 2012.