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Flugschrift
Flug|schrift 〈f. 20Broschüre, oft polit. Streit- od. Parteischrift, zur öffentl. Meinungsbildung mit möglichst großer Verbreitung; Sy Flugblatt (2)

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Flug|schrift, die:
Flugblatt.

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Flugschrift,
 
publizistisches Erzeugnis verschiedenem Inhalts von 3 bis 40 gehefteten Seiten; als ein oder zwei Blatt umfassende, v. a. aktuelle, politische Ereignisse kommentierende Schrift Flugblatt genannt. Die Bezeichnungen sind seit dem 18. Jahrhundert als Übersetzung (von C. F. D. Schubart) des französischen »Feuille volante« gebräuchlich. Flugschriften werden möglichst direkt (nicht über Verlag und Buchhandel) rasch und weit verbreitet, womit eine eventuelle Zensur umgangen werden kann. Eine Flugschrift wird, im Allgemeinen kostenlos, von einer Gruppe oder Einzelperson u. a. auf Plätzen, Straßen, vor Versammlungslokalen verteilt oder versandt, die keinen Zugang zu publizistischen Institutionen haben. Sie wird in verschiedenen Formen (Manifest, Abhandlung, Pamphlet, Brief, Dialog, Gedicht) verfasst und dient der Aufklärung, Propaganda u. a. Sie erscheint besonders in Zeiten politisch, sozial oder wirtschaftlich brisanter Situationen (Wahlen, Streiks, Kriege).
 
Geschichte:
 
Die Flugschrift erschien als Einblattdruck bald nach der Erfindung des Buchdrucks. Ende des 15. Jahrhunderts, Anfang des 16. Jahrhunderts berichteten Flugschriften noch vorwiegend über wundersame Ereignisse und Heiligenfeste und beschrieben Rezepturen und Polizei- und Brauverordnungen; seit der Reformationszeit gewannen sie dann eine spezifisch politische Bedeutung (z. B. bei M. Luther, U. von Hutten, J. Cochläus, H. Emser, T. Murner). Im Dreißigjährigen Krieg erreichte die Flugschriftproduktion einen ihrer Höhepunkte, wozu eine fortschreitende Literarisierung (Lieder, Reimsatiren; emblematische Aufmachung) beitrug. Auch der Siebenjährige Krieg, der Nordamerikanische Unabhängigkeitskrieg, die Französische Revolution und die Revolution von 1848 förderten, wie andere Zeiten der politischen und militärischen Auseinandersetzung, Produktion und Absatz der Flugschriften. Mit ihrem Aufkommen übernahmen die periodisch erscheinenden Tages- und Wochenzeitungen sowie Almanache viele Funktionen der Flugschriften. Als Propagandamittel gewannen Flugblätter seit dem Ersten Weltkrieg erneut an Bedeutung: Sie wurden in Flugblattbomben von Flugzeugen abgeworfen oder mittels Flugblattraketen oder Flugblattballons über die gegnerischen Linien geschickt. Wie bereits im Rahmen der studentischen Aktivitäten der 1960er-Jahre werden in der Gegenwart Flugschriften von Bürgerinitiativen, Minderheitengruppen, der Friedensbewegung u. a. verfasst.
 
Literatur:
 
H. Wäscher: Das dt. illustrierte Flugblatt, 2 Bde. (Dresden 1955-56);
 O. Buchbender u. H. Schuh: Heil Beil. Flugblattpropaganda im Zweiten Weltkrieg. Dokumentation u. Analyse (1974);
 
Flugblattpropaganda im Zweiten Weltkrieg, hg. v. K. Kirchner, auf mehrere Bde. ber. (1974 ff.);
 
F. der Bauernkriegszeit, hg. v. A. Laube u. a. (Berlin-Ost 1975);
 
F. des frühen 16. Jh., hg. v. H.-J. Köhler u. a., 9 Bde. (1978-86);
 
Dt. illustrierte Flugblätter des 16. u. 17. Jh., hg. v. W. Harms, auf mehrere Bde. ber. (1980 ff.);
 
F. als Massenmedium der Reformationszeit, hg. v. H.-J. Köhler (1981).

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Flug|schrift, die: vgl. ↑Flugblatt: Schreiben ist eine konterrevolutionäre Tätigkeit. Ausgenommen allein das Schreiben revolutionärer -en (Zwerenz, Kopf 230).

Universal-Lexikon. 2012.