Vertragslehre,
eine im Naturrecht der Aufklärung wurzelnde, auf der Autonomie des Individuums beruhende wesentliche Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft. Im Gegensatz zur Staatsphilosophie des Aristoteles und der von ihr beeinflussten scholastischen Schule des Mittelalters, für die der Mensch ein aus seiner Natur heraus zur Staatsbildung bestimmtes Lebewesen ist, geht die Staatsphilosophie der Aufklärung davon aus, dass das Individuum in freier Selbstentscheidung durch einen Vertrag aller Glieder der Gesellschaft miteinander (Gesellschaftsvertrag) dem Staat die Herrschaft über sich überträgt und durch diesen (fiktiven) Akt Herrschaft legitimiert. Diese am Rationalismus R. Descartes' orientierte Vertragslehre offenbart sich in dem Dreischritt: Naturzustand - Vertragsabschluss - Staatsbildung. - Die bedeutendsten, in ihren Aussagen exemplarischen Vertreter der Staatsphilosophie der Aufklärung sind T. Hobbes, J. Locke und J.-J. Rousseau.
L. Kern: Neue Vertragstheorie. Zur rationalen Rekonstruktion politisch-eth. Grundprinzipien (1980);
W. Röhrich: Sozialvertrag u. bürgerl. Emanzipation. Von Hobbes bis Hegel (21983);
R. Schottky: Unterss. zur Gesch. der staatsphilosoph. Vertragstheorie im 17. u. 18. Jh. (1995).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Gesellschaftsvertrag: Der Mensch und die Institutionen
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Ver|trags|leh|re, die <o. Pl.>: staatsphilosophische Lehre der Aufklärung, nach der sich die Menschen als gleiche u. freie Wesen aufgrund eines Vertrages zu Staat u. Gesellschaft zusammengeschlossen haben; Lehre vom ↑Gesellschaftsvertrag (1).
Universal-Lexikon. 2012.