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Vaterschaftsuntersuchungen
Vaterschafts|untersuchungen,
 
zusammenfassende Bezeichnung für die diagnostischen Methoden zum Ausschluss oder zur Bestätigung einer infrage stehenden biologischen Vaterschaft; sie werden in der Regel im Rahmen eines Abstammungsgutachtens als Grundlage für die gerichtliche Entscheidung bei Feststellungs- und Unterhaltsklagen oder bei Anfechtung der Vaterschaft durchgeführt.
 
Beim Blutgruppengutachten werden die erblichen polymorphen Blut- und Serummerkmale bei Mutter, Kind und untersuchtem Mann gegenübergestellt. Wesentliche Aspekte sind zum einen die Blutformeln im AB0-System; Ausschlussmerkmale bei Blutgruppe B des Kindes und 0 der Mutter z. B. sind die Blutgruppen 0, A1 und A2 beim Mann. Bei Merkmalsübereinstimmung zwischen Mutter und Kind besteht keine Ausschlussmöglichkeit. Das Blutgruppengutachten schließt die Untersuchung anderer Blutgruppensysteme sowie von Serum- oder Enzymgruppen ein. Einen besonders hohen Sicherheitsgrad bieten die Analyse der Oberflächenantigene des HLA-Systems und molekularbiologisches Verfahren. Ist eine Vaterschaft aufgrund der Befunde nicht ausschließbar, wird die bei der gegebenen Merkmalskombination zu erwartende biostatische Wahrscheinlichkeit herangezogen.
 
Das anthropologisch-erbbiologische Gutachten wird gegebenenfalls bei mangelnder Aussagekraft nach dem Blutgruppengutachten erstellt, wenn das Kind wenigstens drei Jahre alt ist; es berücksichtigt die Übereinstimmung einer größeren Zahl morphologischer und physiologischer Merkmale zwischen Mann und Kind, die nicht von der Mutter stammen (polysymptomatischer Ähnlichkeitsbeweis). Hierzu gehören die Ausprägung von Kopf und Gesicht, Augen, Ohren, Mund und Nase, Augenfarbe, die Papillarlinien auf den Fingerbeeren, Handflächen und Fußsohlen, Pigmentierung und Behaarung sowie gegebenenfalls auch Anomalien.
 
Inzwischen werden vermehrt molekulargenetische Gutachten nach Analyse des genetischen Fingerabdrucks angefertigt. Hierzu werden aus dem Erbgut Abschnitte genutzt, die eine hohe Variabilität von Wiederholungseinheiten bestimmter kurzer Sequenzen zwischen verschiedenen Individuen aufweisen. Diese Sequenzen sind vielfach in einem Genom enthalten, sodass die Gensonden eine Vielzahl von unterschiedlich langen Abschnitten erkennen. Die Auftrennung dieser Abschnitte durch eine Gelelektrophorese führt zu einem personentypischen Streifenmuster, dem genetischen Fingerabdruck. Der Ausschluss einer Vaterschaft ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit möglich, der Verdacht einer Vaterschaft kann mithilfe statistischer Berechnung mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit unterstützt werden. Die Wahrscheinlichkeit für einen identischen genetischen Fingerabdruck zweier nicht verwandter Personen wird mit 1:30 Mrd. angegeben.

Universal-Lexikon. 2012.