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Richterrecht
Richter|recht,
 
die Gesamtheit der Rechtsnormen, die nicht durch den staatlichen Gesetzgeber, sondern durch Gerichtsurteil geschaffen werden. Während im angloamerikanischen Rechtskreis das Richterrecht eine anerkannte Rechtsquelle von großer Bedeutung darstellt (Case- Law, Fallrecht), besitzen in Deutschland nur bestimmte Urteile der Verfassungsgerichte unmittelbare Gesetzeskraft. Ein echtes Richterrecht im Sinne einer normativen Präjudizienverbindlichkeit, d. h. der Geltung des anlässlich eines Einzelfalles formulierten allgemeinen Rechtssatzes auch für zukünftige Rechtsstreitigkeiten, existiert daher hier trotz der von der modernen Rechtswissenschaft betonten fallbezogenen Elemente der Rechtsfindung nicht. In der Praxis haben jedoch die den Urteilen der obersten Bundesgerichte beigegebenen Leitsätze eine faktisch fast gleichbedeutende Autorität erlangt, zumal die Abweichungsmöglichkeiten der Untergerichte durch das Prozessrecht stark eingeschränkt werden. Dieses »faktische« Richterrecht ist im Interesse der Rechtssicherheit unvermeidlich (besonders bei der Konkretisierung von Generalklauseln und unbestimmten Rechtsbegriffen), birgt aber wegen der mangelnden demokratischen Legitimierung der Richter sowie v. a. in den Fällen richterlicher Rechtsfortbildung gegen das Gesetz (im Strafrecht durch den Grundsatz »nulla poena sine lege« stark eingeschränkt) erhebliche Probleme (Richterstaat).
 
Literatur:
 
J. Ipsen: R. u. Verf. (1975);
 C. W. Hergenröder: Zivilprozessuale Grundlagen richterl. Rechtsfortbildung (1995).

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Rịch|ter|recht, das (Rechtsspr.): von Richtern (1) durch Auslegung geschaffenes Recht zu Rechtsfragen, die (noch) nicht gesetzlich geregelt sind.

Universal-Lexikon. 2012.