Narkose und Anästhesie
Unter einer Narkose versteht man das Ausschalten des Schmerzempfindens des Patienten zur Durchführung einer Operation durch die Ausschaltung der höheren Gehirnaktivitäten. Das Bewusstsein wird ausgeschaltet und medikamentös eine Muskelerschlaffung hervorgerufen. Bei einer Anästhesie bleibt der Patient dagegen bei Bewusstsein.
Bei einer Lokalanästhesie wird nur das Schmerzempfinden der Körperteile ausgeschaltet, an denen die Operation stattfinden soll. Der Patient ist während des Eingriffs bei vollem Bewusstsein und muss nicht beatmet werden. Im Regelfall wird die Schmerzleitung der Nervenfasern durch eine Injektion für die Dauer der Operation unterbrochen. Es gibt auch Lokalanästhetika, die zur Betäubung auf den schmerzenden Körperteil aufgetragen werden können - diese werden meist jedoch nur zur Schmerztherapie eingesetzt. Nach der Injektion eines lokalen Anästhetikums setzt zuerst das Schmerzempfinden aus, im Anschluss daran das Gefühl für Temperaturunterschiede und für Berührungen. Wie alle Medikamente können Lokalanästhetika Nebenwirkungen nach sich ziehen. Zu den häufigsten gehören allergische Reaktionen mit Übelkeit und Abfall des Blutdrucks.
Rückenmarksnahe Anästhesie
Zu den rückenmarksnahen Anästhesieverfahren zählen die Spinal- und die Periduralanästhesie, die sich für Operationen des Unterleibs und der Beine eignen. Der Vorteil dieser Narkosearten: Der Patient ist bei Bewusstsein und atmet selbst. Durch diese Narkoseformen kommt es nur zur vorübergehenden Ausschaltung der Nervenfasern. Bei der Spinalanästhesie wird ein lokal wirken des Narkosemittel in den mit Liquor (Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit) gefüllten Subarachnoidalraum (Hirnwasserraum) injiziert. Der Patient muss während der Injektion entweder mit nach vorn gekrümmtem Rücken sitzen oder auf der Seite liegen. Vor der Injektion wird die Haut mit einem lokalen Anästhetikum betäubt. Nach etwa 15 Minuten setzt die Wirkung der Spinalanästhesie ein. Bei der Periduralanästhesie (PDA) werden Nervenfasern durch die Injektion eines Anästhetikums in den Epiduralraum, den Raum zwischen knöchernem Dornfortsatz und harter Hirnhaut, blockiert. Das Narkosemittel muss zunächst durch Diffusion zu den Spinalnerven gelangen, weshalb die Wirkung der Anästhesie erst bis zu 30 Minuten nach der Injektion eintritt. Die Periduralanästhesie eignet sich deshalb nur für geplante Eingriffe, nicht für Notfalloperationen. Häufig wird ein Katheter gelegt, um während des Operationsverlaufs Anästhetikum nachspritzen zu können, falls die Wirkung nachlässt. Die Risiken der Spinalanästhesie und der PDA liegen vor allem darin, dass sich das Anästhetikum bis zum Hirn ausbreitet und zu einer Lähmung der Atmung führen kann.
Während einer Vollnarkose müssen die Vitalfunktionen des Organismus wie Blutdruck, Herztätigkeit oder Sauerstoffgehalt des Blutes ständig überwacht werden. Diese Aufgabe leistet das Narkosegerät, das zudem alle Narkosegase und Sauerstoff liefert sowie über vielfältige Absaug- und Beatmungsmöglichkeiten verfügt.
Für eine Vollnarkose werden heute bei kürzeren Eingriffen Injektionsanästhetika verwendet; die Inhalationsanästhesie setzt eine Reihe von Narkosegasen wie Halothan oder Isofluran ein, zumeist als Mix. Gleichzeitig werden dem Patienten Medikamente verabreicht, die zur Erschlaffung der Muskulatur führen (Muskelrelaxanzien). Vor Durchführung einer Vollnarkose werden dem Patienten oft Beruhigungsmittel (z. B. Benzodiazepine), manchmal auch Opioide verabreicht. Auch zur Beruhigung des Patienten während der Vollnarkose werden Opioide eingesetzt, denn sie verhindern, dass ein Tubus, mit dem der Patient beatmet wird, durch Husten herausrutscht. Nach Beendigung der Narkose erhält der Patient unter Umständen noch Medikamente, die die Wirkung der Muskelrelaxanzien ausschalten. Sehr häufig ist eine maschinelle Beatmung des Patienten unter Vollnarkose notwendig, wenn z. B. Muskelrelaxanzien injiziert werden. Diese Mittel lassen nämlich nicht nur die Muskulatur erschlaffen, sie setzen damit natürlich auch die eigenständige Atmung außer Kraft. Deshalb ist eine künstliche Beatmung nötig. Bei Narkosen von kurzer Dauer kann eine Maskennarkose ausreichen, bei der die Beatmung des Patienten über eine Gesichtsmaske erfolgt. Für Narkosen von bis zu zwei Stunden eignet sich zur eventuellen Beatmung auch eine Larynxmaske (Kehlkopfmaske), die in den Rachen eingeführt wird. Bei längeren Eingriffen zieht man die Intubationsnarkose vor, bei der der Patient über einen Tubus in der Luftröhre künstlich beatmet wird.
Universal-Lexikon. 2012.