Lucretia,
römischer Mythos: die Frau des Lucius Tarquinius Collatinus, die von Sextus Tarquinius, dem Sohn des römischen Königs Tarquinius Superbus, entehrt wurde, worauf sie sich im Beisein ihrer Angehörigen das Leben nahm. Nach legendärer Überlieferung (Livius 1, 59) löste dies 509 v. Chr. den Sturz des römischen Königtums durch Lucius Iunius Brutus aus.
In der bildenden Kunst war Lucretia seit der Renaissance ein beliebtes Motiv (F. Lippi, A. Dürer, v. a. L. Cranach der Ältere, Tizian, Rembrandt). - In der Dichtung findet sich Lucretia als beispielhafte Freiheits- und Tugendheldin bei F. Petrarca, Dante, G. Chaucer und G. Boccaccio. Seit H. Sachs (»Lucretia«, 1527) und H. Bullinger (»Lucretia und Brutus«, 1533) ist der Stoff immer wieder dramatisiert worden, so von T. Heywood (»The rape of Lucrece«, 1608), J. E. Schlegel (»Lucretia«, 1740), G. E. Lessing (Entwurf, 1756-57), F. Ponsard (»Lucrèce«, 1843), A. Obey (»Le viol de Lucrèce«, 1931; Opernfassung von T. Wilder und R. Duncan, Musik B. Britten unter dem Titel »The rape of Lucretia«, 1946). Shakespeares »Lucrece« (1594) und eine Erzählung in Madeleine de Scudérys Romanzyklus »Clélie, histoire romaine« (1654-61, 10 Teile) gehören zu den epischen Bearbeitungen.
H. Galinsky: Der L.-Stoff in der Weltlit. (1932);
H. Geldner: L. u. Verginia (Diss. Mainz 1977).
Universal-Lexikon. 2012.