Doppelsterne,
Sterne, die an der Himmelskugel paarweise dicht benachbart sind. Befinden sich die beiden Sterne eines Paares in ganz verschiedenen Entfernungen vom Beobachter, werden aber nur in gleicher Richtung gesehen, spricht man von optischen Doppelsternen. Bei den physischen Doppelsternen bilden beide Sterne eine physische Einheit; sie bewegen sich infolge der zwischen ihnen wirkenden Gravitation um einen gemeinsamen Schwerpunkt und beschreiben dabei keplersche Ellipsen. Die hellere (oder massereichere) Komponente eines physischen Doppelsterns ist die Hauptkomponente, die andere sein Begleiter.
Von astronomischer Bedeutung sind nur die physischen Doppelsterne, die man nach den Beobachtungsmöglichkeiten in unterschiedliche (aber nicht scharf voneinander getrennte) Gruppen einteilt. Bei den visuellen Doppelsternen können beide Komponenten optisch getrennt werden. Eine Entscheidung, ob es sich bei einem visuellen Sternpaar tatsächlich um einen Doppelstern handelt, ist erst nach einer Bahnbestimmung für beide Komponenten möglich. Die Komponenten spektroskopischer Doppelsterne sind so eng benachbart, dass sie optisch nicht aufgelöst werden können. Auf die Bahnbewegung kann jedoch spektroskopisch aufgrund der periodischen Doppler-Verschiebungen (Doppler-Effekt) der in den Sternspektren vorhandenen Spektrallinien geschlossen werden. Photometrische Doppelsterne sind Bedeckungsveränderliche, deren Doppelsterncharakter sich aus dem durch die gegenseitige Bedeckung der beiden Komponenten verursachten besonderen Lichtwechsel (also mittels photometrischer Methoden) ergibt. Astrometrische Doppelsterne bestehen aus einem sichtbaren Stern und einem unsichtbaren Begleiter; beim Umlauf um den gemeinsamen Schwerpunkt vollführt der sichtbare Stern relativ zu benachbarten Sternen an der Himmelskugel kleine periodische Ortsveränderungen, aus denen auf den Begleiter geschlossen wird. Bei den Röntgendoppelsternen (Röntgensterne) ist eine Komponente ein normaler Hauptreihen- oder Riesenstern, von dem Materie auf die andere Komponente, ein kompaktes Objekt, im Allgemeinen ein Neutronenstern, möglicherweise auch ein Schwarzes Loch, fließt.
Neben den Doppelsternen kennt man Dreifach-, Vierfach- und andere Mehrfachsterne (Mehrfachsysteme), bei denen drei, vier oder mehr Sterne eine physische Einheit bilden.
Von den gegenwärtig rund 80 000 katalogisierten vermutlichen visuellen Doppelsternen kennt man von etwa 1 000 die exakten Bahnen. Bei 1 500 spektroskopischen Doppelsternen war bisher eine Bahnbestimmung möglich. Doppelsterne kommen in allen Spektralklassen vor, bei den visuellen sind die Klassen A, F und G besonders häufig. Die Umlaufzeiten bekannter Doppelsterne liegen zwischen 10 000 Jahren (weite visuelle Doppelsterne) und wenigen Stunden (einige spektroskopische Doppelsterne). Von den mit bloßem Auge sichtbaren Sternen gehören rd. 60 % zu Doppelsternen; insgesamt dürfte etwa jeder zweite Stern des Milchstraßensystems Mitglied eines Doppel- oder Mehrfachsystems sein.
Universal-Lexikon. 2012.