Neo|po|si|ti|vis|mus 〈[-vı̣s-] m.; -; unz.〉 philosophische Strömung im 20. Jh., die auf den Positivismus zurückgeht, seine Denkansätze aufgreift
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Neopositivịsmus,
Neupositivismus, logischer Positivịsmus, logischer Empirịsmus, Sammelbezeichnung für eine Richtung naturwissenschaftlich orientierter Wissenschaftstheorie und -philosophie, die sich nach 1918 in Wien (Wiener Kreis mit M. Schlick, R. Carnap, V. Kraft, O. Neurath u. a.) und Berlin (H. Reichenbach u. a.) formierte und deren Entstehung gedanklich insbesondere von E. Mach beeinflusst worden war. Der Neopositivismus sucht philosophische und verwandte Probleme v. a. mit Mitteln der formalen Logik und der Semiotik zu lösen. Dabei werden Grundannahmen des Empirismus sowie die antimetaphysische Grundhaltung des älteren Positivismus fortgeführt. Einige Vertreter des Neopositivismus (Neurath, E. Zilsel) verbanden die Forderung nach einer entsprechenden Neuorientierung des Denkens mit der nach Reformen in anderen gesellschaftlichen Bereichen (Siedlungswesen, Statistik, Bildungspolitik u. a.).
Der Neopositivismus verteidigt eine »natürliche« strenge Zweiteilung aller wissenschaftlichen Aussagen in die analytisch wahren der Formalwissenschaften und die wahren (oder falschen) empirischen der Realwissenschaften, die allein etwas über die Wirklichkeit aussagen. Hier nicht einzuordnende (wenngleich grammatisch korrekt gebildete) Sätze sind sinnlos und bloße Scheinsätze. Um gegebenenfalls metaphysische Sätze als solche Scheinsätze zu entlarven, wird das Sinnkriterium entwickelt, das die Bedeutung eines Satzes durch die Methode seiner (empirischen) Verifikation bestimmt. Entsprechend fordert das Prinzip der Konstituierbarkeit die prinzipielle Rückführbarkeit aller Satzteile sinnvoller Sätze auf das in der Erfahrung unmittelbar Gegebene, das in Elementarsätzen, nach späterer Ansicht in Protokollsätzen, festgehalten wird. Durch eine intersubjektive, universelle Sprache (Physikalismus) will der Neopositivismus die Einzelwissenschaften zusammenfassen. - V. a. durch die Kritik K. R. Poppers (kritischer Rationalismus) sah sich der Neopositivismus gezwungen, seine Ansichten entscheidend zu modifizieren. Die demzufolge von Carnap und ihm nahe stehenden Wissenschaftslogikern vertretenen Positionen, die sich weitgehend von ihrem Ausgangspunkt entfernt haben, werden auch als logischen Empirismus (im engeren Sinn) bezeichnet.
R. Kamitz: Positivismus (1973);
M. Schlick: Allgemeine Erkenntnislehre (1979);
G. Schnitzler: Zur »Philosophie« des Wiener Kreises. Neopositivist. Schlüsselbegriffe in der Ztschr. »Erkenntnis« (1980);
K. Brand: Ästhetik u. Kunstphilosophie im »Wiener Kreis« (1988);
F. Stadler: Studien zum Wiener Kreis. Ursprung, Entwicklung u. Wirkung des Logischen Empirismus im Kontext (1997).
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Neo|po|si|ti|vis|mus, der; -: Richtung naturwissenschaftlich orientierter Wissenschaftstheorie, die die grundlegenden Probleme des älteren Positivismus mit den Mitteln der formalen Logik u. der analytischen Philosophie zu lösen versucht.
Universal-Lexikon. 2012.