Gịt|ter|schwin|gun|gen 〈Pl.; Phys.〉 Schwingungen der einzelnen Atome eines Kristallgitters um ihre Gleichgewichtslage, dient zur Erklärung vieler physik. Eigenschaften von Festkörpern
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Gitterschwingungen,
die kollektiven Schwingungen der Gitterbausteine (Atome, Ionen oder Moleküle) eines Kristallgitters um ihre Gleichgewichtslagen (die Gitterpunkte). Sie werden in harmonischer Näherung durch Überlagerung von 3 Nr möglichen Normalschwingungen des Gitters beschrieben (N die in der Größenordnung der Avogadro-Zahl liegende Anzahl der Elementarzellen im Kristall, r die Anzahl der Gitterbausteine in einer Zelle, 3 Nr — 6 ≈ 3 Nr die Gesamtzahl der Freiheitsgrade sämtlicher Gitterbausteine). Jede dieser Normalschwingungen stellt eine infolge der Gitterperiodizität durch das Gitter laufende elastische Welle sehr kleiner Amplitude dar, die durch einen Wellenvektor q, eine von diesem abhängige Frequenz ω j (q) und einen Polarisationsvektor ej (q) bestimmt ist (j = 1, 2,. .. 3r). Drei der 3 r möglichen Frequenzen sind für kleine Wellenzahlen q = |q| proportional zu q, sodass die dazugehörigen Normalschwingungen als longitudinale und transversale Schallwellen kleiner Amplitude deutbar sind. Sie bilden insgesamt die akustischen Gitterschwingungen mit Frequenzen zwischen 0 und 1012 - 1013 Hz, bei denen für große Wellenlängen benachbarte Atome gleichsinnig ausgelenkt werden, während für die kleinstmögliche Wellenlänge λmin diese wechselseitig gegeneinander schwingen, sodass λmin gleich dem doppelten Atomabstand ist. Die übrigen 3 (r — 1) Frequenzen, die für q = 0 nicht verschwinden und stets größer als die Frequenzen der akustischen Gitterschwingungen sind, bilden in ihrer Gesamtheit (d. h. für alle q) die Zweige der optischen Gitterschwingungen: Die Atome in einer Elementarzelle schwingen bei diesen nicht in Phase (z. B. bei r = 2 für q → 0 in Gegenphase). Dadurch können z. B. in Ionenkristallen mit zwei Ionen entgegengesetzter Ladung in jeder Elementarzelle schwingende elektrische Dipole auftreten, die Infrarot- und Lichtwellen absorbieren oder emittieren. - Die q-Abhängigkeit der Frequenzen sowohl der akustischen als auch der optischen Gitterschwingungen lässt sich durch Neutronen- und Röntgenstreuung experimentell ermitteln. Infolge Gitterbaufehlern treten lokalisierte Gitterschwingungen auf, die sich durch zusätzliche Linien im Gitterschwingungsspektrum bemerkbar machen. - Da die Zeitabhängigkeit aller Normalschwingungen (beziehungsweise ihrer Amplituden) die von harmonischen Oszillatoren ist, können die Gitterschwingungen auch als eine Gesamtheit von in 1. Näherung harmonischer Oszillatoren mit den Frequenzen ωj (q) aufgefasst werden (für jede Gitterwelle ein Oszillator), deren Energiequanten die Phononen sind.
Die Gitterschwingungen definieren die Wärmeleitung in Festkörpern; in Wechselwirkung mit den Elektronen sind sie die Ursache des elektrischen Widerstands.
Universal-Lexikon. 2012.