Tatian,
frühchristlicher Apologet des 2. Jahrhunderts, aus Mesopotamien stammend; war Schüler Justins in Rom; kehrte um 172 nach Syrien oder Mesopotamien zurück, wo er die Bewegung der Enkratiten, rigoroser christlicher Asketen mit eigenen Lehren, maßgeblich beeinflusst hat. Von seinen Werken ist vollständig nur die apologetische »Oratio ad Graecos« erhalten; das »Diatessaron«, eine griechische oder syrische, nach enkratitischen Maßstäben redigierte Evangelienharmonie (um 170), die bis ins 5. Jahrhundert von den Kirchen Vorderasiens gebraucht wurde, ist nur noch indirekt erschließbar. Einfluss übte Tatians »Diatessaron« auf den »althochdeutschen Tatian« aus, eine um 830 auf Veranlassung des Hrabanus Maurus in Fulda angefertigte Evangelienharmonie.
Ausgaben: Rede an die Bekenner des Griechentums, in: Bibliothek der Kirchenväter, herausgegeben von O. Bardenhewer u. a., Band 12 (1913); Oratio ad Graecos and fragments, herausgegeben von M. Whittaker (1982). - Erschlossener »Diatessaron«: Tatian, lateinisch und altdeutsch, mit ausführlichem Glossar, herausgegeben von E. Sievers (21892, Nachdruck 1966); Vetus Evangelium Syrorum et exinde excerptum Diatessaron Tatiani, herausgegeben von I. Ortiz de Urbina (1967).
G. Quispel: T. and the gospel of Thomas (Leiden 1975);
W. L. Petersen: T.'s diatessaron. Its creation, dissemination, significance and history in scholarship (Leiden 1994);
R. M. Grant: Greek apologists of the second century (London 1988).
Universal-Lexikon. 2012.