Protobulgaren,
Urbulgaren, nichtslawisches Volk mit Turksprache, das ethnisch nicht genau zugeordnet werden kann. Die Protobulgaren entstanden aus der Verschmelzung der nach dem Tod Attilas (453) in das nördliche Schwarzmeergebiet versprengten Reste der Hunnen mit von Osten eindringenden Turkvölkern (Ogurstämmen, wohl Kutriguren und Utriguren). Diese Protobulgaren, die seit Ende des 5. Jahrhunderts Thrakien heimsuchten, hatten sich Anfang des 7. Jahrhunderts im Raum nördlich des Kaukasus aus awarischer Vorherrschaft gelöst und 635 unter Khan Kuvrat ein kurzlebiges Großreich nördlich des Schwarzen Meeres gebildet, das von den aus Innerasien nachdrängenden Chasaren Mitte des 7. Jahrhunderts zerschlagen wurde. Daraufhin wandte sich ein Teil der Protobulgaren nordwärts und gründete das Reich der Wolgabulgaren (oder Schwarzen Bulgaren), das 1237 von den Mongolen vernichtet wurde. Die Sprache der Wolgabulgaren (auch als Bolgarisch bezeichnet) ist aus Grabinschriften bekannt und gilt als Vorstufe des heutigen Tschuwaschisch. Eine andere Gruppe unter Kuvrats Sohn, Khan Asparuch, zog über Bessarabien in das Gebiet zwischen Donau und Balkan und gründete das Erste Bulgarische Reich, das 681 vom byzantinischen Kaiser Konstantin IV. anerkannt wurde (Bulgarien, Geschichte). In diesem Herrschaftsverband der Protobulgaren ist ein großer Teil der ostbalkanischen Stämme aufgegangen. Das slawische Volk der Bulgaren entstand erst aus der Verschmelzung der protobulgarischen Oberschicht mit der Masse der slawischen Bevölkerung, wobei die Annahme des Christentums 865 den Assimilierungsprozess beschleunigte.
D. Angelov: Die Entstehung des bulgar. Volkes (a. d. Bulgar., Berlin-Ost 1980).
Universal-Lexikon. 2012.