Kristạllform,
die Gesamtheit der aufgrund der Symmetrieeigenschaften eines Kristalls äquivalenten Kristallflächen, d. h. aller derjenigen Flächen, die aus einer vorgegebenen (einer Netzebene entsprechenden) Fläche durch Anwendung aller Symmetrieoperationen hervorgehen, die in der entsprechenden Kristallklasse möglich sind. Eine solche Gesamtheit bildet eine einfache Kristallform und wird mit dem Symbol {h k l} bezeichnet; dabei sind die h k l die millerschen Indizes einer der äquivalenten Flächen. Äquivalente Kristallflächen sind in ihrer Struktur gleich und zeigen gleiches physikalisch-chemisches Verhalten.
Einfache Kristallformen sind ideale geometrische Formen, die sich aus den Symmetrieeigenschaften eines Kristalls beziehungsweise seiner Kristallklasse ergeben und sich bei einem realen Kristall nur dann gleichmäßig entwickeln, wenn dieser allseitig gleichmäßig von seiner flüssigen Phase umgeben ist. Die Kristallgestalten realer Einzelkristalle weichen meist mehr oder weniger stark von den idealen Kristallformen ab. Wenn bei einem Kristall die gleichen Flächen (d. h. Flächen gleicher Lage) wie bei der entsprechenden idealen Kristallform ausgebildet, aber ungleichmäßig entwickelt sind, liegt eine Verzerrung vor.
Jede der 32 Kristallklassen beziehungsweise Punktgruppen weist sieben einfache Kristallformen auf, die je nach Lage der Ausgangsfläche zu den Symmetrieelementen verschieden voneinander sind, mit verschiedenen Flächensymmetrien der Einzelflächen und verschiedenen Flächenzahlen der Kristallform: Bei allgemeiner Lage der Ausgangsfläche besteht keine Flächensymmetrie, und die Flächenzahl ist am größten (allgemeine Kristallform). Bei einer speziellen Lage der Ausgangsfläche (z. B. senkrecht auf einer Symmetrieachse) ist die Flächensymmetrie größer und die Flächenzahl kleiner, eine spezielle Kristallform ist das Resultat.
Holoedrisch (vollflächig, geschlossen) heißen die Kristallformen der höchstsymmetrischen Klasse jedes Systems, meroedrisch (teilflächig, offen) die durch systematisches Weglassen von Symmetrieelementen flächenärmeren anderen Klassen. Bei hemiedrischer Zerlegung zerfällt jede allgemeine Form der Holoedrie in zwei Hemieder (Halbflächner), die zueinander »korrelat« sind. Hierbei sind möglich: a) kongruent-korrelate oder positive und negative Formen, wenn die korrelaten Formen selbst noch Spiegelebenen besitzen, oder b) enantiomorphe oder rechte und linke Formen, wenn Spiegelebenen und Symmetriezentrum fehlen. Körper dieser Art zeichnen sich optisch mitunter durch Zirkularpolarisation aus. Aus Hemiedern ergeben sich Tetartoeder (Viertelflächner); Hemimorphien zeigen polare Kristallgestalt, d. h. »obere« und »untere« Formen. V. a. in der Natur weist die Kristallausbildung Besonderheiten auf, neben dem unterschiedlichen Kristallhabitus z. B. die Bildung von Zwillingen, verschiedene Verwachsungen, mimetische Kristalle und Skelettkristalle.
Offene Kristallformen (die einfachste ist eine ebene Fläche, weitere z. B. das Pinakoid, das Sphenoid und das Prisma) können bei wirklichen Kristallen nur in Verbindung mit anderen Kristallformen vorkommen. Derartige Verbindungen von zwei oder mehr einfachen Kristallformen (nicht nur offenen) zu einer gemeinsamen Form werden als Kombination (auch Kombinationsform) bezeichnet.
Universal-Lexikon. 2012.