innerer Monolog,
Erzähltechnik besonders des modernen Romans, die wie die verwandte erlebte Rede den Bewusstseinsstand einer Romanfigur im stummen, rein gedankliches Gespräch mit sich selbst wiederzugeben versucht; der innere Monolog gibt die spontanen, sprunghaft-assoziativen Gedanken und durch keine äußeren Zwänge und Normen reglementierten Gefühle der Romanfigur in ihrer ganzen Unmittelbarkeit (meist in Ichform und Präsens) wieder und versucht so, Dimensionen, Schichten und Bewegungen menschlichen Bewusstseins (Unbewusstes, Tabuisiertes oder Ähnliches) darzustellen, die in dieser Weise nicht in bewusster, nach außen gewandter Rede zum Ausdruck gebracht werden.
Der innere Monolog findet sich schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts bei W. M. Garschin (»Četyre dnja«, 1877; deutsch »Vier Tage«), É. Dujardin (»Les lauriers sont coupés«, 1888; deutsch »Die Lorbeeren sind geschnitten«), H. Conradi (»Adam Mensch«, 1889) und bei A. Schnitzler (»Lieutenant Gustl«, 1901); als Gesamtstruktur wurde der innere Monolog in den großen Romanen von J. Joyce (»Ulysses«, 1922, deutsch; »Finnegans wake«, 1939, deutsch »Finnegans Wehg«) und M. Proust (»À la recherche du temps perdu«, 1913-27; deutsch »Auf der Suche nach der verlorenen Zeit«) entwickelt. Der innere Monolog ist seitdem in verschiedensten Varianten wesentlicher Bestandteil der Technik des Stream of Consciousness, durch welche die Erzählliteratur des 20. Jahrhunderts eine entscheidende Bereicherung erfahren hat. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts nutzt v. a. auch das Hörspiel die Möglichkeiten des inneren Monologs.
É. Dujardin: Le monologue intérieur (Paris 1931);
T. Fischer: Bewußtseinsdarstellung im Werk von James Joyce (1973);
J. Zenke: Die dt. Monologerzählung im 20. Jh. (1976).
Universal-Lexikon. 2012.