Haithabu
[altnordisch Haiȓaby »Siedlung auf der Heide«], 804 als Sliesthorp, um 850 als Sliaswich bezeugte wikingerzeitliche Handelsniederlassung an der Schlei, 3 km südlich von Schleswig. Spätestens seit 750 befand sich südlich des späteren Halbkreiswalles eine Siedlung von Händlern und Handwerkern, die offensichtlich friesischen Kaufleuten als Umschlagplatz am Handelsweg vom Niederrhein zur Ostsee diente. Um 800/810 waren gleichzeitig drei Siedlungsstellen am Ufer des Haddebyer Noors bewohnt, von denen die mittlere seit etwa 850 allein weiter bestand. Dieser »Altstadtkern«, noch im 9. Jahrhundert als »vicus« bezeichnet, war planmäßig mit umzäunten Hofplätzen und Häusern angelegt und entwickelte sich im 9./10. Jahrhundert zum bedeutendsten Handelsplatz Nordeuropas, was vielfältige Handwerksbetriebe, reiche Importfunde, eine Münzstätte und der geschützte Hafen, in dem drei Schiffe gefunden wurden, belegen. Vom Nordseehafen Hollingstedt an der Treene, den man von Westen über die Eider erreichte, wurden die Waren über die »Schleswiger Landenge« zur Schlei gebracht. 849 ließ der »Apostel des Nordens«, Ansgar, eine Kirche errichten. Der 8-10 m hohe, halbkreisförmige Holz-Erde-Wall wurde erst im 10. Jahrhundert angelegt und umschloss eine Fläche von 24 ha. 934 wurde Haithabu von Heinrich I. erobert und gehörte vorübergehend zum (späteren Heiligen Römischen) Reich, kam unter Harald Blauzahn jedoch wieder an Dänemark (983/984). Seit 1000 setzte ein Wirtschafts- und Bevölkerungsrückgang ein; durch die Zerstörungen in der Mitte des 11. Jahrhunderts verödete Haithabu und wurde von Schleswig als Handelszentrum abgelöst. - Seit 1900 wurden in Haithabu umfangreiche Ausgrabungen durchgeführt (1979/80 vorläufig beendet). Bei der Siedlung lagen Friedhöfe und Fürstengräber. Im Norden außerhalb des Walls ein Burgberg; im Westen schließt das Befestigungssystem des Danewerks an. 1985 wurde nördlich des Halbkreiswalles das »Wikinger-Museum Haithabu« eröffnet. - In der Nähe des Handelsplatzes Haithabu wurden im 18. und 19. Jahrhundert vier Runensteine (großer und kleiner Sigtryggstein, Erikstein, Skarthistein) in altdänischer und altschwedischer Sprache gefunden, die wegen der Erwähnung historischer Ereignisse und Herrschernamen des 10. und 11. Jahrhunderts eine wichtige Quelle für die Geschichte Haithabus und der gesamten Region darstellen.
Die Ausgrabungen in H., hg. v. der Röm.-German. Kommission des Dt. Archäolog. Inst. u. a., auf zahlr. Bde. ber. (1937 ff.);
Berichte über die Ausgrabungen in H., hg. v. K. Schietzel, auf zahlr. Bde. ber. (1969 ff.);
H. Jankuhn: H. (81986).
Universal-Lexikon. 2012.